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Libyen - "Guck du lieber mal nach vorne"

Reisebericht von Kalle Finger

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Los geht es, unsere Richtung ist jetzt Süd-West. Wir passieren unseren letzten Lagerplatz und erreichen die Stelle, wo wir rechts die steile Düne runter gerutscht sind. Da haben wir jetzt keine Chance. Also geht es geradeaus im Tal weiter. An einem unscheinbaren Querriegel fahre ich unachtsam einen Abhang runter und finde mich plötzlich in einem ausgewachsenen Kessel wieder. Erst nach diversen Versuchen und nochmaliger Reduzierung des Reifendrucks komme ich – mittlerweile unerwartet - doch noch raus. Während Jochen und Ermanno eine einfache Umfahrung wählen, fährt Sascha zu allem Überfluss auch noch in das Loch, kommt aber zum Glück beim ersten Versuch dicht neben meiner letzten Spur auch wieder raus. Wir sind bedient und machen Campo. Weiter geht es, dem Tal entlang bis zum nächsten Querriegel. Der Sand ist butterweich. Schließlich rutschen wir die steilen Schütthänge runter, an denen wir beim Hinweg kapitulieren und deswegen ins benachbarte Tal ausweichen mussten. Wir folgen jetzt wieder für kurze Zeit unseren Spuren vom Hinweg, bevor diese von einem steilen Schütthang kommend erneut unseren Blicken entschwinden. Wir folgen weiter unserem Tal. Mehrfach versuchen wir, ins benachbarte Tal zu wechseln, um unsere Spuren vom Hinweg aufzunehmen. Doch es gelingt einfach nicht. Wir erreichen einen weiteren Querriegel. Zu Fuß erkunde ich ihn. Es reiht sich Kessel an Kessel, den Abschluss bildet eine kaum zu überwindende hohe Querdüne. Ich beginne zu verzweifeln. Sind wir hier am Ende? Müssen wir wieder umdrehen? Welche Alternativen hätten wir dann noch? Ich guck mir das Gelände noch mal genau an. Ja da gäbe es vielleicht doch noch eine Möglichkeit. Da müssten wir aber durch einen sehr tiefen Kessel und anschließend in einer sehr bedenklichen Schräglage an einem Kessel vorbei auf eine höher gelegene Plattform, von wo aus wir die quer liegende Düne überwinden könnten. Ich gehe die ganze Strecke noch einmal ab und entschließe mich, es zu versuchen. Und es klappt, aber nur weil der Untergrund an den entscheidenden Stellen hart genug war. Das hätte auch anders ausgehen können. Als wir alle drüber sind, atme ich tief durch. Weiter geht es. Wir treffen auf Spuren, vermutlich von Touristen. Sie haben genau unsere Richtung. Wir folgen ihnen. Das erleichtert das Fahren schon beträchtlich. Es geht nun zügig weiter. Irgendwann drehen unsere Spurenzieher ab und wir sind wieder auf uns allein gestellt. Es kommen zwar noch einige knifflige Stellen, ich muss auch noch mal zu Fuß los, aber das Schlimmste haben wir hinter uns. Es wird nun immer leichter. Wir machen Campo. Es wird das letzte im Murzuq sein. Wir genießen noch einmal diese wunderschöne Dünenlandschaft in vollen Zügen. Das Licht ist wieder genial.

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Schattenspiele

Wir schlagen uns zu einem langen Gassi ganz im Norden des Murzuq durch, das uns direkt zum Landwirtschaftsprojekt führt. Das Dünenvergnügen ist damit erst mal vorbei. Am späten Nachmittag erreichen wir Tekerkiba. Wir restaurieren uns und vertrauen uns wieder der örtlichen Gastronomie an. Endlich bekomme ich auf dem Campingplatz auch das Foto von Meridet zu Gesicht, von dem ich schon öfter gehört habe. Ja, da muss ich noch mal hin.

Wir starten Richtung Mandara. Die Strecke dorthin ist total zerspurt. Für Angelika und Toni auf ihren Mopeds muss das die Hölle sein. Haben sie doch schon im Normalfall auf ihren Mopeds mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen als wir in unseren vierrädrigen Karossen. Ermanno ist ohnehin tief beeindruckt, wie Angelika die Reise mit ihrem Moped meistert. Er spricht von der Frau aus Eisen, womit er seine Hochachtung zum Ausdruck bringen möchte. Wenn er wüsste, wo Angelika mit Moped und Fahrrad schon überall war, würde er ihr vermutlich auch noch den Ehrentitel Signora Avventura (Frau Abenteuer) verleihen.

Nach einem kurzen Rundgang in Mandara fahren wir nach Um el Ma weiter. Zusammen mit Gonzo gehen wir im See baden. Es macht allen Spaß, Gonzo ganz besonders. Es folgt der zweite – obligatorische - Programmpunkt: Der Besuch bei den fliegenden Händlern. Da ich mich manchmal an meine Vorsätze halte, schaue ich dieses Mal interessierter zu als am Wadi Mathendous. Mir fällt ein Rahmen aus Leder auf, so 15 mal 25 Zentimeter groß, mit den 21 verschiedenen Touareg-Kreuzen drin. Das wäre doch was. Ich frage nach dem Preis. Knapp 300 EUR wollen sie dafür haben. Klar, das ist die Ouvertüre, bis zum Finale ließe sich natürlich noch einiges bewegen. Doch auch Jochen glaubt, dass die Schallmauer noch deutlich über 100 EUR liegen wird. Soviel möchte ich aber nicht ausgeben und starte erst gar keinen Versuch. Zu Hause wird es mir vielleicht leid tun, doch hier und jetzt kann ich mich einfach nicht dazu durchringen. Gonzo war schlauer. Er hat sich nach dem Bad gleich in die Sonne gelegt. Weitere Touristen kommen an. Wir machen uns auf den Weg nach Gabron. Ich kenne da eine Abkürzung. Nur mit viel Mühe überwinden wir die Dünenkette. Kurz vor Gabron schlagen wir hoch oben in den Dünen unser Lager auf und genießen zum letzten Mal die wunderschöne, bei diesem genialen Licht in Rot getauchte Landschaft.

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Wie üblich trinken wir am Morgen ausgiebig Kaffee und rutschen dann nach Gabron runter. Da ist schon was los. Einheimische, Touristen, fliegende Händler geben sich ein Stelldichein. Natürlich machen wir den Schwarzafrikanern unsere Aufwartung. Natürlich haben auch sie diesen Rahmen mit den Touareg-Kreuzen. Natürlich kann ich mich auch hier nicht entschließen. Natürlich ist Jochen wieder in seinem Element.
Gegen Mittag brechen wir auf. Wir wollen auf direktem Weg nach Brak. Soll irgendwie gehen. Während wir uns nördlich die Dünen hoch quälen, stoßen wir auf ein Spurenbündel. Wir folgen ihm. So überqueren wir den mächtigen Dünenkamm – ohne unsere freundlichen Vorfahrer wäre das ein richtiger Akt geworden – und folgen weiter den Spuren in dem breiten Dünental. Die Richtung stimmt. Wie so oft wenn es das Gelände zulässt oder zuzulassen scheint , schweifen meine Blicke in die Ferne, nicht nur um die wunderschöne Dünenlandschaft zu genießen, sondern auch immer wieder um auszuloten, … . Na ja, die Geschichte ist ja jetzt bekannt. Einmal haben wir noch einen unangenehmen Dünenzug zu queren, dann ist der Weg frei nach Brak. Am späten Nachmittag trudeln wir dort ein. Hinter Brak machen wir Campo. Nun ist Asphalt angesagt, nur Asphalt. Via Shwayrif und Gariyat erreichen wir Darj. Geli, der kleine Gregor und ich sind vorausgefahren und haben in Ghadames den VW-Bus geholt. Kurz hinter Darj machen wir Campo und laden die Mopeds in den VW-Bus. Da haben Angelika und Toni aber Glück gehabt. Kurz nach unserem Aufbruch beginnt es zu regnen. Und in Nalut regnet es aus allen Kübeln, in Souara regnet es aus allen Kübeln, an der Grenze regnet es aus allen Kübeln, in Tunesien regnet es aus allen Kübeln. Im Laufe des Abends hört der Regen dann zum Glück endlich auf. Toni, Geli, der kleine Gregor, Ermanno, Claudia und ich erreichen um Mitternacht das Hotel La Kasbha in Kairouan, die anderen nächtigen irgendwo unterwegs neben der Straße. Beim morgendlichen Blick in den überdimensionalen Spiegel im Luxusbad des Hotelzimmers kriegt Geli einen Schreck: Wie kann man in 3 Wochen nur so dick werden? Der kleine Gregor hat den Aufenthalts jenseits jeglicher Zivilisation offensichtlich dazu genutzt, noch mal so richtig zuzulegen.Vor der Fähre in La Goulette treffen wir uns wieder. Während der Überfahrt schauen wir uns die vielen Fotos und die kleinen Filmchen, die wir mit den Digitalkameras gemacht haben, auf dem Laptop an und lassen so die Reise noch einmal Revue passieren. Auch jetzt müssen wir Ohins amüsanten Äußerungen über die Reisepartner - so gern es uns auch leid tut - widersprechen. Es war eine schöne, sehr vergnügliche Reise, auch zu neunt und wir würden am liebsten sofort umdrehen, um am Punkt 5a unsere Fährte wieder aufzunehmen. Doch das geht leider nicht. Für Toni und Geli beginnt in 2 Monaten ein neuer Lebensabschnitt. Für sie wird es vorerst die letzte Saharareise gewesen sein. Der kleine Gregor wird für ein Alternativprogramm mit andersartigen Highlights sorgen. Ich will auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder kommen, der Punkt 5a ruft. Ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere aus unserer Reisegruppe wieder mit von der Partie sein wird. Claudia möchte, wenn es eben geht, auch wieder dabei sein. Dann werde ich wohl wieder des Öfteren zu hören bekommen: „Guck Du lieber mal nach vorne.“

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Gruppenbild am Um el Ma

PS: Der kleine Gregor hat mittlerweile fast pünktlich und komplikationslos zu Hause unter Mitwirkung der weitsichtigen Hebamme das Licht der Welt erblickt. Er heißt nicht Gregor, auch nicht Murzuq, sondern Luis Anton.

Beginn des Berichtes

 


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Stand: Sonntag, 29. Juli 2007.