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thomas villiger
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Los geht es, unsere Richtung ist jetzt Süd-West. Wir passieren unseren
letzten Lagerplatz und erreichen die Stelle, wo wir rechts die steile Düne
runter gerutscht sind. Da haben wir jetzt keine Chance. Also geht es
geradeaus im Tal weiter. An einem unscheinbaren Querriegel fahre ich
unachtsam einen Abhang runter und finde mich plötzlich in einem
ausgewachsenen Kessel wieder. Erst nach diversen Versuchen und nochmaliger
Reduzierung des Reifendrucks komme ich – mittlerweile unerwartet - doch
noch raus. Während Jochen und Ermanno eine einfache Umfahrung wählen,
fährt Sascha zu allem Überfluss auch noch in das Loch, kommt aber zum
Glück beim ersten Versuch dicht neben meiner letzten Spur auch wieder
raus. Wir sind bedient und machen Campo. Weiter geht es, dem Tal entlang
bis zum nächsten Querriegel. Der Sand ist butterweich. Schließlich
rutschen wir die steilen Schütthänge runter, an denen wir beim Hinweg
kapitulieren und deswegen ins benachbarte Tal ausweichen mussten. Wir
folgen jetzt wieder für kurze Zeit unseren Spuren vom Hinweg, bevor diese
von einem steilen Schütthang kommend erneut unseren Blicken entschwinden.
Wir folgen weiter unserem Tal. Mehrfach versuchen wir, ins benachbarte Tal
zu wechseln, um unsere Spuren vom Hinweg aufzunehmen. Doch es gelingt
einfach nicht. Wir erreichen einen weiteren Querriegel. Zu Fuß erkunde ich
ihn. Es reiht sich Kessel an Kessel, den Abschluss bildet eine kaum zu
überwindende hohe Querdüne. Ich beginne zu verzweifeln. Sind wir hier am
Ende? Müssen wir wieder umdrehen? Welche Alternativen hätten wir dann
noch? Ich guck mir das Gelände noch mal genau an. Ja da gäbe es vielleicht
doch noch eine Möglichkeit. Da müssten wir aber durch einen sehr tiefen
Kessel und anschließend in einer sehr bedenklichen Schräglage an einem
Kessel vorbei auf eine höher gelegene Plattform, von wo aus wir die quer
liegende Düne überwinden könnten. Ich gehe die ganze Strecke noch einmal
ab und entschließe mich, es zu versuchen. Und es klappt, aber nur weil der
Untergrund an den entscheidenden Stellen hart genug war. Das hätte auch
anders ausgehen können. Als wir alle drüber sind, atme ich tief durch.
Weiter geht es. Wir treffen auf Spuren, vermutlich von Touristen. Sie
haben genau unsere Richtung. Wir folgen ihnen. Das erleichtert das Fahren
schon beträchtlich. Es geht nun zügig weiter. Irgendwann drehen unsere
Spurenzieher ab und wir sind wieder auf uns allein gestellt. Es kommen
zwar noch einige knifflige Stellen, ich muss auch noch mal zu Fuß los,
aber das Schlimmste haben wir hinter uns. Es wird nun immer leichter. Wir
machen Campo. Es wird das letzte im Murzuq sein. Wir genießen noch einmal
diese wunderschöne Dünenlandschaft in vollen Zügen. Das Licht ist wieder
genial.
Schattenspiele
Wir schlagen uns zu einem langen Gassi ganz im Norden des Murzuq durch,
das uns direkt zum Landwirtschaftsprojekt führt. Das Dünenvergnügen ist
damit erst mal vorbei. Am späten Nachmittag erreichen wir Tekerkiba. Wir
restaurieren uns und vertrauen uns wieder der örtlichen Gastronomie an.
Endlich bekomme ich auf dem Campingplatz auch das Foto von Meridet zu
Gesicht, von dem ich schon öfter gehört habe. Ja, da muss ich noch mal
hin.
Wir starten Richtung Mandara. Die Strecke dorthin ist total zerspurt. Für
Angelika und Toni auf ihren Mopeds muss das die Hölle sein. Haben sie doch
schon im Normalfall auf ihren Mopeds mit ganz anderen Schwierigkeiten zu
kämpfen als wir in unseren vierrädrigen Karossen. Ermanno ist ohnehin tief
beeindruckt, wie Angelika die Reise mit ihrem Moped meistert. Er spricht
von der Frau aus Eisen, womit er seine Hochachtung zum Ausdruck bringen
möchte. Wenn er wüsste, wo Angelika mit Moped und Fahrrad schon überall
war, würde er ihr vermutlich auch noch den Ehrentitel Signora Avventura
(Frau Abenteuer) verleihen.
Nach einem kurzen Rundgang in Mandara fahren wir nach Um el Ma weiter.
Zusammen mit Gonzo gehen wir im See baden. Es macht allen Spaß, Gonzo ganz
besonders. Es folgt der zweite – obligatorische - Programmpunkt: Der
Besuch bei den fliegenden Händlern. Da ich mich manchmal an meine Vorsätze
halte, schaue ich dieses Mal interessierter zu als am Wadi Mathendous. Mir
fällt ein Rahmen aus Leder auf, so 15 mal 25 Zentimeter groß, mit den 21
verschiedenen Touareg-Kreuzen drin. Das wäre doch was. Ich frage nach dem
Preis. Knapp 300 EUR wollen sie dafür haben. Klar, das ist die Ouvertüre,
bis zum Finale ließe sich natürlich noch einiges bewegen. Doch auch Jochen
glaubt, dass die Schallmauer noch deutlich über 100 EUR liegen wird.
Soviel möchte ich aber nicht ausgeben und starte erst gar keinen Versuch.
Zu Hause wird es mir vielleicht leid tun, doch hier und jetzt kann ich
mich einfach nicht dazu durchringen. Gonzo war schlauer. Er hat sich nach
dem Bad gleich in die Sonne gelegt. Weitere Touristen kommen an. Wir
machen uns auf den Weg nach Gabron. Ich kenne da eine Abkürzung. Nur mit
viel Mühe überwinden wir die Dünenkette. Kurz vor Gabron schlagen wir hoch
oben in den Dünen unser Lager auf und genießen zum letzten Mal die
wunderschöne, bei diesem genialen Licht in Rot getauchte Landschaft.
Wie üblich trinken wir am Morgen ausgiebig Kaffee und rutschen dann nach
Gabron runter. Da ist schon was los. Einheimische, Touristen, fliegende
Händler geben sich ein Stelldichein. Natürlich machen wir den
Schwarzafrikanern unsere Aufwartung. Natürlich haben auch sie diesen
Rahmen mit den Touareg-Kreuzen. Natürlich kann ich mich auch hier nicht
entschließen. Natürlich ist Jochen wieder in seinem Element.
Gegen Mittag brechen wir auf. Wir wollen auf direktem Weg nach Brak. Soll
irgendwie gehen. Während wir uns nördlich die Dünen hoch quälen, stoßen
wir auf ein Spurenbündel. Wir folgen ihm. So überqueren wir den mächtigen
Dünenkamm – ohne unsere freundlichen Vorfahrer wäre das ein richtiger Akt
geworden – und folgen weiter den Spuren in dem breiten Dünental. Die
Richtung stimmt. Wie so oft wenn es das Gelände zulässt oder zuzulassen
scheint , schweifen meine Blicke in die Ferne, nicht nur um die
wunderschöne Dünenlandschaft zu genießen, sondern auch immer wieder um
auszuloten, … . Na ja, die Geschichte ist ja jetzt bekannt. Einmal haben
wir noch einen unangenehmen Dünenzug zu queren, dann ist der Weg frei nach
Brak. Am späten Nachmittag trudeln wir dort ein. Hinter Brak machen wir
Campo. Nun ist Asphalt angesagt, nur Asphalt. Via Shwayrif und Gariyat
erreichen wir Darj. Geli, der kleine Gregor und ich sind vorausgefahren
und haben in Ghadames den VW-Bus geholt. Kurz hinter Darj machen wir Campo
und laden die Mopeds in den VW-Bus. Da haben Angelika und Toni aber Glück
gehabt. Kurz nach unserem Aufbruch beginnt es zu regnen. Und in Nalut
regnet es aus allen Kübeln, in Souara regnet es aus allen Kübeln, an der
Grenze regnet es aus allen Kübeln, in Tunesien regnet es aus allen Kübeln.
Im Laufe des Abends hört der Regen dann zum Glück endlich auf. Toni, Geli,
der kleine Gregor, Ermanno, Claudia und ich erreichen um Mitternacht das
Hotel La Kasbha in Kairouan, die anderen nächtigen irgendwo unterwegs
neben der Straße. Beim morgendlichen Blick in den überdimensionalen
Spiegel im Luxusbad des Hotelzimmers kriegt Geli einen Schreck: Wie kann
man in 3 Wochen nur so dick werden? Der kleine Gregor hat den Aufenthalts
jenseits jeglicher Zivilisation offensichtlich dazu genutzt, noch mal so
richtig zuzulegen.Vor der Fähre in La Goulette treffen wir uns wieder.
Während der Überfahrt schauen wir uns die vielen Fotos und die kleinen
Filmchen, die wir mit den Digitalkameras gemacht haben, auf dem Laptop an
und lassen so die Reise noch einmal Revue passieren. Auch jetzt müssen wir
Ohins amüsanten Äußerungen über die Reisepartner - so gern es uns auch
leid tut - widersprechen. Es war eine schöne, sehr vergnügliche Reise,
auch zu neunt und wir würden am liebsten sofort umdrehen, um am Punkt 5a
unsere Fährte wieder aufzunehmen. Doch das geht leider nicht. Für Toni und
Geli beginnt in 2 Monaten ein neuer Lebensabschnitt. Für sie wird es
vorerst die letzte Saharareise gewesen sein. Der kleine Gregor wird für
ein Alternativprogramm mit andersartigen Highlights sorgen. Ich will auf
jeden Fall im nächsten Jahr wieder kommen, der Punkt 5a ruft. Ich könnte
mir vorstellen, dass der ein oder andere aus unserer Reisegruppe wieder
mit von der Partie sein wird. Claudia möchte, wenn es eben geht, auch
wieder dabei sein. Dann werde ich wohl wieder des Öfteren zu hören
bekommen: „Guck Du lieber mal nach vorne.“
Gruppenbild am Um el Ma
PS: Der kleine Gregor hat mittlerweile fast pünktlich und komplikationslos
zu Hause unter Mitwirkung der weitsichtigen Hebamme das Licht der Welt
erblickt. Er heißt nicht Gregor, auch nicht Murzuq, sondern Luis Anton.
Beginn des Berichtes
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