5. Reisebericht aus Karakol, Sonntag, 18.06.2006Hallo in
Europa, USA, Suedafrika, Hong Kong, Saudi Arabia und und und..
Danke fuer die Mails aus fernen Laendern!! Mich freut es sehr, dass wir
eine 2. Bundesraetin in Bern haben. Frau Doris Leuthard wuenschen wir fuer
dieses schwierige Amt, viel Glueck, Mut, Gelassenheit und
Durchsetzungsvermoegen.
Guenther war etwas enttaeuscht weil niemand geschrieben hat wie es um
die Fussball WM steht. Nun, das ist auch schon wieder vergessen! Heute
haben wir trotz Sonntag einen Arbeitstag eingeschaltet. Der Platz hier im
Hof von ?Turkestan Yurt Camp? in Karakol ist ideal zum Waesche waschen
(das habe ich schon hinter mir), 10000er Service am Pinz machen, schreiben
ect. Unter dem
Motto: Vor der Arbeit das Vergnuegen besuchten wir morgens um 07.30 Uhr
den sonntaeglichen Viehmarkt. Es war ein buntes Treiben der vielen
Menschen die ihre Tiere feilboten. Das Angebot ging ueber Pferde, Schafe,
Ziegen, Hunde, kleine Schweine und Rinder. Die ganz kleinen Schweinchen
wurden im Kofferraum des Wagens angeboten, da war ein Grunzen und
Quitschen aus manch einem Wagen zu hoeren. Viele haben ihre ?Besenbeizli?
aufgestellt und brutzeln gefuellte Teigtaschen, Fleischspiesschen liegen
auf dem Grill und sonst noch was das Nomadenherz begehrt, natuerlich Bier
und Zigaretten vor allem fuer die Maenner. Bestimmt wird manch einer an
solch einem Tag eins ueber die Schnur trinken.
Auch auf dem alltaeglichen grossen Bazar kann man sich fast verlaufen
und wir staunen was da alles verkauft wird. Guenther wollte auch noch
durch den Autozubehoer-Bazar laufen. Da liegt meterweise meistens rostiges
altes Zeug auf dem Boden. Da kenne ich mich zuwenig aus und ich hatte den
Einruck, dass 90% Ramsch ist. Fuer hiesige Verhaeltnisse sind diese
?Schraubenstrassen? bestimmt die wahrsten Fundgruben fuer die Bastler um ihre alten Autos
und Motorraeder wieder auf Vorderrad zu bringen.
Also wir sind seit gestern Abend in Karakol und hier habe ich nochmals
die Internet-Gelegenheit zu nutzen. Danach wird es bestimmt nicht mehr so
viele Moeglichkeiten geben und es folgt eine ?Funkpause?.
In Bishkek konnten wir einkaufen, Geld wechseln, 95 Oktan Benzin
auftanken und den Wagen, vor allem Unterboden mit Hochdruck reinigen
lassen. Das allerdings haetten wir uns sparen koennen weil es gleich
danach zu regnen anfing. Wir fuhren ueber ?Rotfront?, das ist ein Dorf mit
deutschstaemmigen Familien in den Kegeti Canyon. Es regnete in Stroemen
und die Naturstrasse war dementsprechend matschig. Fuer Menschen aus
Bishkek ist bestimmt dieser Canyon ein landschaftlicher Hoehepunkt, fuer
uns war es na ja??
Wir haben nach der Hitze, Staub und Abgasen in diesem hoeher gelegenen
Tal wunderbar geschlafen. Nachdem Fruehstueck waren wir einer Meinung,
nichts wie an den Issykul-See. Der Himmel ist noch Wolken behangen und wir
sehen leider noch nicht viel von dem Tien Shanmassiv. Am 15. 6. sind wir
also in Tamchy am Nordufer des Sees. Es windet was das Zeug haelt, vor
allem die Boeen lassen uns den Atem anhalten und den Ruecken zukehren.
In Tamchy besichtigen wir die Kuriositaet das Hotel ?Old Castle?, das
sich ein Neureicher als nachempfundene Ritterburg bauen liess. Jetzt hat
der Wind etwas nachgegeben und wir suchen einen Platz am Meer.
Der Issykulsee ist der zweitgroesste Hochgebirgssee auf der Welt und
mit 702 Metern der vierttiefste der Erde. Er ist 180 Km lang und an der
breitesten Stelle 60 Km, also 11 ½ Mal so gross wie der Bodensee. Der
Issykul wird von 80 Fluessen gespeist, hat aber keinen Abfluss und ist
deshalb leicht salzig (5,8g/Liter). Obwohl der See auf 1608 m Hoehle liegt
friert er nie zu und wird seinem Namen gerecht, was bedeutet ?Heisser
See?. Die Schoenheit des Issykulsee ist der Stolz der Kirgisen und er ist
fuer sie heilig.
Am 16. 06.06 ist uns der Wettergott gnaedig, wir erleben einen
einmaligen Sonnenaufgang und ueber dem See erscheint die riesige Tien Shan
schneebedeckte Bergkette. Der See kommt in Bewegung, schlaegt Wellen und
das Rauschen versetzt uns an einen Meeresstrand. Ein einmaliges
Naturschauspiel und Erlebnis. Zwischen dem Issykulsee und China liegt das
Herz des Tien Shans oder wie das Zentralmassiv auch noch den Namen Mustagh
traegt, was Eisberge bedeutet. Der zweitgroesste Gipfel ist der
Khan-Tengri mit 6995 Meter und ist angeblich vom Aussehen her der grosse
Bruder des Matterhorns.
Der noerdlichste Siebentausender der Erde, der Pik Pobedy erhebt sich
im Osten des Tien Shan auf 7439 Meter. Einer der unzaehligen Gletscher,
der Jenilcek-Gletscher ist der groesste Eisstrom ausserhalb der
Polargebiete. Seine noerdliche Laenge ist 35 Km und der suedliche Teil ist 58 Km
lang, die Eisdicke ist zwischen 20 und 40 Meter.
Nach dem Fruehstueck am See mit einmaligem Panorama fahren wir
ostwaerts am See entlang und geniessen die tolle Landschaft, der See und
die Berge. Wir fahren nach Tuep und weiter ostwaerts bis San Tash wo der
Grenzuebertritt nach Kasachstan und oestliche Hauptverbindungsstrasse nach
Almaty ist. Bei San Tash biegen wir in ein Seitental auf 2000m Hoehe ein
und fahren einem reissenden Fluss entlang der wegen dem Regen eine braune
Bruehe zu Tale fuehrt.
Es ist ein traumhaft schoenes Tal mit saftigen gruenen Weiden und
Huegeln und im Hintergrund die klaren Schneeberge. Die Kirgisen haben ihre
Herden bereits in die Hochtaeler getrieben und die Jurten oder alte
ausrangierte Eisenbahnwagen aufgestellt.
Hier sehen wir riesige Pferdeherden mit vielen Fohlen, die sich an die
Muetter schmiegen, rassige draufgaengerische Hengste, die wild ueber die
Weiden galoppieren, so wie Rinder-, Schaf- und Ziegenherden. In diesem
Gebiet ist die Pferdezucht von grosser Bedeutung. Es ist eine wahre Freude
die verschiedenen Herden frei herum laufen zu sehen. Die Jungs wachsen im
Pferdesattel auf und sind geschickte Reiter mit oder ohne Sattel.
Unsere Autos wurden von neugierigen Kuehen belagert und beaeugt. Am
Morgen brauchten wir keinen Wecker, die Kuehe schaukelten uns aus dem
Schlaf. Die Halbnomaden sind zurueckhaltende Menschen und kommen selten
ans Auto ran.
Wir merken bald, dass wir den ersten Schritt tun muessen und dann ist
das Eis gebrochen. Sie laden uns ein in ihre Jurte oder Behausung und
bewirten uns mit Milchprodukten. Es ist sehr interessant zu sehen wie die
Menschen leben, bestimmt ein freies aber auch ein hartes Leben in der
wilden Natur.
Es wurde nachts kalt und am naechsten Morgen sehen wir einen leichten
Raureif im Gras. Sobald die Sonne steigt wird es angenehm warm.
Guenther und ich fahren noch bis Ende des Tals, es sind 8 Km und
zweimal gehts durch kleine Seitenfluesse weil die Bruecken weggespuehlt
sind. Endlich bekommt der Pinzgauer bezw. Guenther mal eine kleine off road
Kostprobe zu spüren, das macht Spass. Wir fahren die gleiche Wegstrecke zurueck bis Tuep und Karakol. Auf dem
Weg versuchen wir eine Kaeserei, die ein schweizerisches/kirgisches
Projekt ist, zu besichtigen. Leider ist die zustaendige Person nicht
anwesend und telefonisch in Bishkek nicht erreichbar. Wir koennen aber
ueber die Gasse Schweizerkaese und Butter kaufen. Wir freuen uns auf das
Abendessen, total
schweizerisch:
Gschwellti (Pellkartoffeln), Kaese, Butter, Quark und Hans untermalt
das Festmahl mit Laendlermusik. Der Kaese ist ohne zuviel Nationalstolz zu
haben echt gut im Geschmackt und mundet hervorragend.
So, jetzt ist genug des Lobes und ich will schliessen, schliesslich
muss ja die Waesche auch noch gebuegelt (ha, ha, ha) werden und ich muss
den Weg ins Internet unter die Fuesse nehmen. Guenther ist auch bald
fertig mit dem grossen Service und ist bestimmt hungrig geworden.
Herzliche Gruesse senden
Margrit und Guenther Utpadel