3. Reisebericht aus Taschkent, 07.06.2006
Guten Tag!
Der Morgen ist noch frisch und jung, die Temperatur sehr angenehm, der
Himmel blau und in der Stadt ist noch keine Hektik im Gange. Wir stehen
hier sehr zentral auf dem Parkplatz vom Hotel ?Palace Taschkent? fuer nur
Fr. 5.-- pro Tag. Ich kann den Platz empfehlen, es hat Baeume und somit
auch Schatten zum Sitzen, die Wagen aber stehen je nach Sonnenstand den
Strahlen ausgesetzt.Das Hotel ist ?firstclass? und dementsprechend sind
auch die Preise.
Guenther und ich haben uns gleich nach der Ankunft einen Capuccino
geleistet, der mit einem Glas Mineralwasser und einwenig Konfekt knapp Fr.
10.-- gekostet hat. Auch die Internet Benuetzung im Business Center hat
seinen Preis, Fr. 7.-- pro Std. Ich bin gestern in einem ?normalen?
Internetcafe gewesen und habe wie ueblich fuer 1 Std. 70 Rappen bezahlt.
Die Hauptstadt der Republik Usbekistan hat ueber 2,1 Mio. Ew., eine enorme
Flaechausdehnung und ist eine bewaesserte Oase vom Tschirtschik auf 455m.
Taschkent ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt z.B. nach Moskau 3360Km.
Die Stadt ist sehr sauber, hat eine Metro mit 3 Linien, die wir gestern
gefahren sind fuer nur 16 Rappen pro Person. Die Stadt ist sehr modern mit
vielen Geschaeften, aber auch die riesigen gedeckten Bazare fehlen nicht.
Herrlich sind die vielen Parks mit einem beachtlichen Baumbestand und sehr
gepflegten Gruenanlagen .Die Fuessgaengerzone, der Boulevard laedt zum
Verweilen und spazieren ein. Das Strassennetz ist grosszuegig angelegt und
ich habe noch keine Staus gesehen. Im 1966 wurde die Stadt mit unzaehligen
Erdstössen erschuettert, Zentralasien ist ein Erdbebengebiet, das immer
wieder von Erschuetterungen heimgesucht wird. Damals wurde vor allem der
westliche Teil der Stadt zerstoert.
Die Altstadt ist nach meinem ermessen nicht zu vergleichen mit Buchara und
Samarkand, dafuer ist sie reich an Mueseen, verschiedenen Theater, Oper
und Kunstausstellungen.
Zentralasien liegt im Grenzbereich zwischen Europa und Asien und ist ueber
Jahre als Turkestan bekannt. Die lange Geschichte Zentralasiens ist
besonders als Durchgangsstation fuer die verschiedensten Voelker, Staemme
und Nationen von Ost nach West, entlang der alten Karawanenstrasse ? der
grossen Seidenstrasse ? bekannt. Zentralasien ist etwa so gross wie
Westeuropa und besteht seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 aus
den fuenf souveraenen Republiken Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan,
Taschikistan und Turkmenistan. Die verschiedensten Landschaftsformen
bestehen im Westen vom salzverkrusteten Ufer des Kaspischen Meeres, im
Norden die endlosen Steppen Suedsibiriens, im Osten von den steilen Bergen
des Pamir, im Sueden grenzt es an den Iran und Afghanistan. Die
vegetationslosen Zonen gehen ueber in fruchtbare, dicht besiedelte Oasen
bis zu dem schneebedeckten Hochgebirge.
Lesenswert ist die lange Geschichte Turkestans. Ein ausfuehrlicher
Beschrieb sprengt meinen Rahmen. Timur-Leng (auch unter dem Namen Tamerlan
bekannt, der Hinkende) eiferte von 1370 ? 1405 den kriegerischen- und
machtstrebenden Leistungen Dschingis Khans nach. Durch die vielen
Feldzuege durch Asien und Europa entstand unter Timur ein riesiges Reich
vom Ganges bis zum Mittelmeer.
Es gelang ihm jedoch nicht die eroberten Gebiete fuer immer auszuloeschen
und die Bevoelkerung zu vernichten. Begraben wurde Timur in Samarkand im
Mausoleum Gur-e-Amir. Seine Soehne Schahruch und Ulughbek hatten nicht die
kriegerischen Ambitionen wie ihr Vater. Schahruch foerderte die Dichtkunst
und Ulughbek war Wissenschaftler von hohem Rang, Historiker, Mathematiker
und Astronom. Wir besichtigten in Samarkand das Observatorium des Ulughbek
mit seinem in den Felsen getriebenen Sextanten und das dazugehoerige
Museeum.Schahruchs Tod setzte dem Frieden und den Aufbauarbeiten ein
jaehes Ende.
Ulughbek versuchte zu vermitteln, wurde aber von seinem Sohn Abdullatif
hingerichtet.
Buchara, die Edle ist Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und wurde
bereits im 9.Jh. erwaehnt. Die Stadt zaehlt heute ca. 300'000 Ew. und
liegt 222m ue.M. Die Oase wird durch einen 200Km langen Bewaesserungskanal
vom Amu Darja aus versorgt. Vermutlich war Buchara schon vor mehr als 2500
Jahren ein wichtiges Kultur-und Handelszentrum. Die Vorzugslage an der
grossen Seidenstrasse hatte im Mittelalter ueber Jahrhunderte seine
Bedeutung. 1220 zerstoerte und entvoelkerte Dschingis Khan Buchara und
enthauptete 30'000 Einwohner. Erst im 14.Jh. wurde die Stadt unter den
Timuriden wieder unabhaengig. Der erwaehnte Ulughbek gruendete 1417 die
erste Medrese, Koranschule Zentralasiens. Die sinnreiche Inschrift ueber
dem Portal der Medrese Ulughbek stammt von ihm. ?Streben nach Wissen ? das
ist die Pflicht aller Muslime: eines jeden Mannes und einer jeden Frau.?
Der Spruch hat heute noch seine Gueltigkeit.
Das 50 m hohe Minarett Kalan ist Bucharas Wahrzeichen und die gleichnamige
Moschee zaehlt zu den aeltesten erhaltenen und groessten Moscheen
Zentralasiens. Die Kuppeln sind mit lichtblauen Kacheln geschmueckt und
der wuerfelfoermige Unterbau ist mit grossen Schriftzeichen in
Ziegelmosaik verziert. Die Medrese Mir-e Arab ist eine weitere vier Ivan
Koranschule. Die Portale und die gewoelbten Nischen sind vielfaeltig
gegliedert und reich verziert. Die Wohnzellen fuer die Koranschueler sind
in zwei Etagen angeordnet. Es gibt so viele Baudenkmaeler, die ich hier
nicht alle beschreiben will. Ein Bijou unter den Bauwerken ist das
Mausoleum der Samaniden, es ist klein aber fein. Die Grundflaeche ist nur
10 x 10 m und die Hoehe 14m. Das hohe kuenstlerische Leistungsvermoegen
der Samaniden im 9./10. Jh. zeigt sich in diesem Mausoleum. Die gebrannten
unglasierten Ziegel wurden als Schmuck-und Baumaterial verwendet.
Wasserbecken und Tschaikhanas laden zum Verweilen ein.
Dazu moechte ich noch auf die Homepages von unseren Reisekollegen
hinweisen, da sind sicher Fotos von den vielen Sehenswuerdigkeiten
ersichtlich.
www.thegreensprinter.ch von Heiri und Laura. Ottigers http://web.mac.com/ottiger/iWeb/reisen
Am 1. Juni verlassen wir die historische, legendaere Stadt Buchare und
fahren Richtung Qarshi, suedostwaerts. Die Landschaft zeigt sich wieder ?topfeben?
und wuestenhaft. Erst vor Qarshi wird es gruener. In Ghuzar fahren wir
nordwaerts nach Schahr-e Sab. Hier machen wir eine kurze Besichtigungstour
durch die Stadt bevor es dann bergan geht auf den ca. 1700 m hohen
Tachta-Karatscha-Pass.
Es ist herrlich endlich mal Berge in Sicht. Die Hoehe macht sich durch den
merklichen Temperaturrueckgang bemerkbar. Es weht ein starker Wind,
Guenther holt schnell seine Fleecejacke raus. Ich geniesse den frischen
Wind und die Bergblumen. An der Passstrasse hat es wie bei uns fast in
jeder Kurve ein Restaurant mit Blick ins Tal des Kaschka Darja. In der
Mittagspause hat mir ein Maedchen Aprikosen gebracht, die ich am Abend zu
Marmelade einkoche, sie ist lecker auf dem Fladenbrot. Jetzt sind die
Aprikosen reif und sind zuckersuess, das Kilo kostet je nach Qualitaet und
Groesse ca. Fr. 1.--. Die einheimischen Aepfel sind eine Miniausgabe, die
grossen eingeflogenen Aepfel sehr teuer.
Die Passstrasse fuehrt hinab in die Gebietshauptstadt nach Samarkand. Es
ist landschaftlich reizvoll, fruchtbar mit vielen Aprikosen- und grossen
Nussbaeume, Reben aus denen auch einheimischer Wein gemacht wird. Grosse
Platanen saeumen die Strasse. Kinder und Erwachsene winken uns am
Strassenrand oder von den Feldern zu. Die Menschen sind wirklich sehr
freundlich und freuen sich ueber Touristen.
Samar = fruchtbar, kand =Ansiedlung liegt seit mehr als 2500 Jahren in der
fruchtbaren Flussoase des Sarafschan auf 700m ue. M. Die Stadt zaehlt zu
den aeltesten Staetten und Kulturzentren der Welt und liegt wie Buchara an
der grossen Seidenstrasse.
Wir stehen hier beim Hotel Zarafshan und bezahlen mit Benuetzung von WC
und Dusche Fr. 5.-- pro Nacht. Auch von hier koennen wir in kurzer Zeit
die Altstadt mit den Sehenswuerdigkeiten gut erreichen. Guenther und ich
machen nach unserer Ankunft am Nachmittag einen Erkundigungsrundgang. Der
Rigestan
(Platz) mit den drei Medresen Ulughbek, Schir Dar und Tella Kari bieten
einen einmaligen Anblick.
Den kommenden Tag verbringe ich alleine zu Fuss, hier ueberhaupt kein
Problem, von 09.30 bis 18.00 Uhr in der Stadt und kann nach meinem Tempo
gehen, verweilen, bewundern, fotografieren und geniessen. Zu den aeltesten
und bedeutendsten Baudenkmaeler zaehlen die Mausoleen Ruchabad und Gur- e
Amir, des Herrschers Timur. Leider ist die grosse Moschee Bibi Hanim sehr
in Mitleidenschaft gezogen und renovationsbeduerftig. Gleich in der Naehe
ist der grosse Bazar, hier werden Kleider, Stoffe, Gemuese, Fruechte,
Fleisch, Trockenfruechte, Brot und unzaehlige taeglich benoetigte Artikel
verkauft. Es herrscht ein reges Treiben in jedem Bazar. Ein muss ist auch
die Graeberstadt Schah-e Sende mit den vielen Grabstaetten namhafter
Persoenlichkeiten.
Schlussendlich kann ich sagen, dass diese geschichtstraechtigen Staette
fuer mich unbeschreiblich sind. Ich kann nur noch sagen: ?Kommt und
bewundert das tausend und eine Nacht mit den eigenen Augen.?
In einem Tag sind wir von Samarkand auf guter Strasse, zum Teil Autobahn
nach Taschkent gefahren. Damit wir unser Wiedereintrittsvisa fuer
Kasachstan noch in Reserve behalten koennen, sind wir ueber Jizzakh,
Yangiyer, Gulistan nach Taschkent gefahren. Die direkte Route fuehrt knapp
100 Km nochmals durch Kasachstan und das wollten wir nicht.
Nun will ich Schluss machen, mein Kopf ist leer und ein Kaffee ist
faellig.
Jetzt muessen wir mit Nescafe zufrieden sein.
Herzliche Gruesse kommen aus Taschkent
Margrit und Guenther